08. November 1918

Früh morgens mit Schichtbeginn waren Soldaten der Fliegerersatz-Abteilung 7 (FEA 7) und Arbeiter zu den Betrieben unterwegs, um die Arbeiterschaft in möglichst vielen Betrieben über Aktionen und den Beschluss zur Arbeitsniederlegung zu informieren. Gegen 7 Uhr zogen die Arbeiter und Soldaten zum „Volksfreund“. Dort besetzte eine Gruppe Bewaffneter unter Führung von August Merges das seit April 1917 von der MSPD beanspruchte „Volksfreund“-Gebäude, „um das der Braunschweiger Arbeiterschaft im April 1917 geraubte Eigentum durch einen revolutionären Akt zurückzuerobern“ (Merges), und verschaffte so den Unabhängigen Sozialdemokraten mit der dort erscheinenden Zeitung ein eigenes Sprachrohr.

Anschließend zog ein großer Demonstrationszug zu der Husaren- und Infanteriekaserne, wo die dort noch befindlichen Soldaten zum Anschluss zu bewegt wurden. Die Demonstration endete auf dem Schloßplatz, wo sich mehrere tausend – rund 20.000 – Menschen versammelt hatten. Während August Merges gegen 10 Uhr gerade von einem Balkon zur Menge sprach, wurde gleichzeitig auf dem Schloss die Rote Fahne gehisst (ebenso eine auf dem Polizeipräsidium in der Münzstraße).
Merges forderte am Schluss seiner Rede die Soldaten auf, unverzüglich die Wahl von Räten vorzunehmen. Während die Soldaten der Fea 7 daraufhin noch auf dem Schlossplatz einige Genossen in den Soldatenrat wählten versammelten sich die Infanteristen und Husaren im Wilhelmsgarten, wo sie ebenfalls ihre Mitglieder für den Soldatenrat wählten. Merges beschreibt, dass die Zahl der zuerst gewählten Soldatenräte anfangs nicht einheitlich erfolgte, so dass der Soldatenrat nach den Wahlen 18 Soldaten umfasste und der Soldatenrat nachträglich um weitere Mitglieder erweitert wurde. Im Anschluss an die Wahl kamen die Arbeiter- und Soldaten-Räte zu einer gemeinsamer Sitzung zusammen, die nach einigen Stunden in die Vendomekaserne verlegt wurde und bis Sonntag, den 10.
November, abwechselnd in Permanenz tagte.
„Der wichtigste und einstimmig angenommene Beschluß“ des Arbeiter- und Soldaten-Rates auf  einer Sitzung am 8. November – so August Merges – „war die Aufforderung an den Herzog Ernst August, auf den Thron zu verzichten, und sofort mit diesem Auftrag eine Deputation von je 3 A.- und S.-Räten ins Herzogliche Schloss zu entsenden: Hermann Meier, Hermann Schweiss und Friedrich Schubert
vom Soldatenrat sowie August Merges, Paul Gmeiner, Henry Finke vom Arbeiterrat.“ Während sich die sechsköpfige Deputation des Arbeiter- und Soldaten-Rates zum Schloss begab, wartete vor der herzoglichen Residenz eine Ansammlung von rund 20.000 Menschen, die auf das Ergebnis warteten. Nach Verlauf von 25 Minuten verzichtete abends 6 Uhr der Herzog für sich und seine Nachkommen auf den Thron. Seine Entscheidung zum Thronverzicht wurde offenbar durch ein in der Beratungszeit eingelaufenes Telegramm – ergänzt durch einen Berichtes des Garnisonältesten, wonach Widerstand zwecklos sei –, beflügelt worden. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass Wilhelm II. soeben die holländische Grenze überschritten hätte. Mit dem Thronverzicht des Herzogs erfolgte außerdem der Rücktritt der Staatsminister (Karl von Wolff, Robert Boden, Hugo Krüger), die der abdankende Herzog von ihren Dienstpflichten entband. Die Abdankung, die sich der Arbeiter- und Soldaten- Rat durch den Herzog unterzeichnen ließ, wurde noch am selben Abend vor den 20.000 auf dem Schlossplatz wartenden Bürger*innen verlesen.

©Stadtarchiv Braunschweig