14. Dezember, 18:00 Uhr, Saal im Gewerkschaftshaus
Novemberrevolution- Was bleibt? Was wird?
Frank Deppe und Marvin Hopp im Gespräch
15. Dezember, 10:00 – 16:00 Uhr, Seminarraum im Gewerkschaftshaus
Seminar zum Gesprächsthema mit Frank Deppe und Mavin Hopp
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Novemberrevolution war der Frieden, das Ende des Krieges, das Ende des Massenschlachtens an den festgefahrenen Fronten. Dieses Ende herbeigeführt zu haben, war eine große humanistische Tat. Es bedurfte einer revolutionären Bewegung der Arbeiter und Soldaten, um diese Tat zu vollbringen.
Neue zentrale Verfassungsprinzipien waren die Volkssouveränität (Artikel 1), die Gewaltenteilung und die Grundrechte, darunter erstmals die staatsbürgerliche und familienrechtliche Gleichstellung der Frauen (Artikel 109, 119). Die Bismarcksche Sozialgesetzgebung wurde ausgebaut, der Sozialstaat machte beträchtliche Fortschritte:
– Artikel 159 gewährleistete die Koalitionsfreiheit (das heißt die soziale und wirtschaftliche Vereinigungsfreiheit) und verlieh damit Gewerkschaften wie Unternehmerverbänden ein verfassungsmäßiges Existenz- und Betätigungsrecht.
– Artikel 161 verankerte das von Bismarck begründete Sozialversicherungswesen in der Verfassung. Darüber hinaus leitete
– Artikel 163 aus der „sittlichen“ Arbeitspflicht des Einzelnen die Verpflichtung des Staates ab, für den „notwendigen Unterhalt“ derer zu sorgen, denen eine „angemessene Arbeitsgelegenheit nicht nachgewiesen werden kann“. Dies bedeutete einen Verfassungsauftrag zur Einrichtung einer staatlichen Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Nicht zuletzt legte
– Artikel 146 erstmals die noch heute existierende „für alle gemeinsame Grundschule“ als Basis des darauf aufbauenden gegliederten Schulwesens fest – eine bildungspolitische Konstruktion, die zu einer sozialen Gleichheit in der Schulbank führen sollte.
Am 12. November veröffentlichte der Rat der Volksbeauftragten sein demokratisches und soziales Regierungsprogramm. Er hob den Belagerungszustand und die Zensur auf, schaffte die Gesindeordnung ab und führte das allgemeine Wahlrecht ab 20 Jahren, erstmals auch für Frauen, ein. Alle politisch Inhaftierten erhielten Amnestie. Bestimmungen zur Vereins-, Versammlungs- und Pressefreiheit wurden erlassen. Auf der Basis des Arbeitsgemeinschaftsabkommens wurde der 8-Stunden-Tag vorgeschrieben.
Die Arbeitgeber garantierten u. a. die
– Ausschüsse für jeden Betrieb mit mehr als 50 Arbeitern sollten ab jetzt gemeinsam mit der Unternehmensleitung die Einhaltung von Tarifverträgen überwachen, die Basis für die Gründung von Betriebsräten und des Betriebsverfassungsgesetzes von 1919.
Wo stehen wir heute 100 Jahre später? Ist der Sozialstaat auf einem guten Weg? Sind die Rechte von abhängig Beschäftigten erweitert worden? Sind die Mitbestimmungsrechte im Betrieb und in der Gesellschaft bereits ausreichend? Wer arbeitet auf der Baustelle Demokratie?